28. Februar 2014

Island Festival Kalender & Reykjavík Festival Guide

Einer der Gründe, warum ich es so geliebt habe in Reykjavík zu wohnen, war das ausgeprägte kulturelle Angebot, das diese kleine Stadt zu bieten hat. Ausstellungen, Konzerte, Street Art und vor allem: viele Festivals. Aber auch im Rest des Landes gibt es von Zeit zu Zeit einige Festivals zu entdecken. Dabei ist eigentlich für fast jeden Geschmack etwas dabei - egal ob Kunst, Musik, Film, Essen oder Alkohol. Wenn ihr euch für Kultur interessiert, macht es daher vielleicht Sinn vor eurem nächsten Islandurlaub einen Blick in meinen kleinen Island Festival Kalender beziehungweise meinen Reykjavík Festival Guide zu werfen, um herauszufinden, ob euch eins der Festivals anspricht. Ein Urlaub in Island lohnt sich definitiv noch mehr, wenn man nebenher noch die Erfahrung eines isländischen Festivals mitnehmen kann. Warum also nicht nach Island fahren, wenn gerade auch noch ein hippes Festival in vollem Gange ist? Ich habe hier die coolsten und beliebtesten isländischen Festivals für euch zusammengetragen.


ISLAND FESTIVAL KALENDER


Sónar Reykjavík
Das Sónar Festival findet Mitte Februar statt und überzeugt an den drei Tagen vor allem Liebhaber von elektronischer Musik. Neben internationalen Künstlern präsentieren sich einem ebenfalls die neusten und beliebtesten Musiker Islands.
» Sónar Reykjavík

Reykjavík Food and Fun Festival
Im späten Februar wird Reykjavík zu einer kulinarischen Hochburg. An vier Tagen bieten die besten Restaurants der Stadt spezielle Menüs an. Renommierte Köche aus der ganzen Welt kreieren während dieser Zeit in den Restaurants hervorragendes Essen aus isländischen Zutaten. Des Weiteren gibt es einen Wettbewerb für die besten Köche, die dann ein Menü aus isländischen Zutaten zaubern müssen.
» Reykjavík Food and Fun Reykjavík

Winter Lights Festival Reykjavík
Ende Februar wird ganz Reykjavík erleuchtet, um dieses kulturelle Event ins richtige Licht zu rücken. Neben Fashion Shows und Eiskunstlauf wird auch Live-Musik auf den Straßen gespielt.  
» Winter Lights Festival Reykjavík

Reykjavík Blues Festival
Jedes Jahr findet Ende März beziehungsweise Anfang April das Reykjavík Blues Festival statt. Musiker aus Island, Europa und Nordamerika geben während dieser Zeit an verschiedenen Orten in Reykjavík Konzerte.
» Reykjavík Blues Festival

Reykjavík Arts Festival
Bereits seit 1970 findet dieses Festival statt und präsentiert jährlich isländische und internationale Künstler aus verschiedenen Bereichen wie Theater, bildender Kunst, Musik und Tanz. Von Mitte bis Ende Mai gibt es in Reykjavík daher viele Konzerte, Ausstellungen sowie Opern- und Theateraufführungen zu entdecken.
» Reykjavík Arts Festival

Viking Festival Hafnarfjörður
Wer wollte nicht schon immer eine Horde Wikinger sehen? Während dieses Festivals finden sich moderne Wikingerhorden in Reykjavíks Nachbarstadt Hafnarfjörður ein. Dort wird einem Mitte Juni zehn Tage lang unter anderem tradionelles Kunsthandwerk und Wikingerkämpfe präsentiert.
» Viking Festival Hafnarfjörður

Akureyri Summer Arts Festival
Von Ende Juni bis Anfang August findet in Akureyri dieses Festivals statt. Während dieser Zeit gibt es hauptsächlich Konzerte und Ausstellungen an verschiedenen Orten in der Stadt zu entdecken.
» Akureyri Summer Arts Festival
 
Verslunarmannahelgi
An diesem Wochenende, das normalerweise Anfang August stattfindet, fahren die Isländer raus zum Campen und um sich total zu betrinken. Die meisten von ihnen zieht es für gewöhnlich auf die Vestmannaeyjar (Westmännerinsel), wo es zu dieser Zeit auch Live-Musik gibt.
» Verslunarmannahelgi

Reykjavík Culture Night
An einem Samstag im August strömen für Reykjavíks größte Kulturveranstaltung zahlreiche Besucher in die Stadt. Die Veranstaltungen beginnen bereits am Morgen und finden abends ihren Höhepunkt in einem großen Feuerwerk. Den ganzen Tag über kann man in der Stadt Konzerte, Workshops, Aufführungen und Ausstellungen entdecken.
» Reykjavík Culture Night 

Reykjavík Jazz Festival
Jedes Jahr Mitte August bietet sich einem die Möglichkeit internationale sowie isländische Jazzmusiker zu hören. In den zwei Wochen finden sowohl tagsüber als auch abends Konzerte in ganz Reykjavík statt.
» Reykjavík Jazz Festival

Reykjavík International Film Festival
Von Ende September bis Anfang Oktober schlägt Reykjavíks Herz für den Film. An zehn Tagen werden in verschiedenen Kinos sowohl Filmklassiker, als auch neue Filme aus Island und dem Rest der Welt gezeigt. Während des Festivals laufen viele gute und auch experimentellere Filme und man kann unter anderem an besonderen Veranstaltungen teilnehmen, z.B. dem Swim-In Cinema, wo ein Film auf einer Leinwand im Schwimmbad gezeigt wird. Einen Besuch von diesem Festival kann ich allen Filmbegeisterten nur ans Herz legen, es lohnt sich! Mehr erfahrt ihr in meinem Post zum Reykjavík International Film Festival.
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Iceland Airwaves
Jedes Jahr lockt das Iceland Airwaves Ende Oktober/Anfang November unzählige Menschen nach Reykjavík. Während dieser Tage befindet sich die Stadt im Ausnahmezustand und die aufgeweckte Atmosphäre reißt jeden mit. In verschiedenen Bars, Cafés, Restaurants und Konzerthallen treten vor allem Alternative, Indie, Rock und experimentelle Bands aus Island auf, aber auch internationale Musiker mischen sich unter das Volk. Wer ein Festivalticket besitzt, hat die Möglichkeit sich abends in den Trubel zu stürzen. Man sucht sich eine Location oder eine Band aus und genießt zusammen mit anderen Musikfans die ausgelassene Partystimmung. Hier trifft man gleichermaßen auf Einheimische und Touristen. Nach den Konzerten am Wochenende kann man ins Reykjavíker Nachtleben starten und sich zwischen der fröhlichen Menge auf den Straßen verlieren. Besonders ein Hotdog am berühmten SS Pylsur-Stand unten am Hafen schmeckt nach einem Konzert und ein wenig Alokohol besonders gut. Während meines Auslandssemesters war ich selbst beim Iceland Airwaves und ich habe es geliebt! Ein super Festival zu dem ich gerne selbst mal wieder nach Island fliegen würde. Mehr erfahrt ihr in meinem Post zum Iceland Airwaves.
» Iceland Airwaves 
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24. Februar 2014

Unterwegs in Peking: Die Verbotene Stadt und der Jingshan Park

Der erste Kulturschock ist zwar überwunden, doch Peking ist noch immer ein einziges, großes Abenteuer für uns. Diesmal besuchen wir eine von Pekings bekanntesten Sehenswürdigkeiten: Die Verbotene Stadt sowie den Jingshan Park im Zentrum von Peking. Unser Weg führt uns zunächst erneut über den Platz des Himmlischen Friedens an dessen nördlichen Ende die Verbotene Stadt liegt.


Der Name "Verbotene Stadt" stammt übrigens daher, dass hier früher die Kaiser der Ming und Qing Dynastien regierten und dem normalen Volk der Zutritt zum Gelände verwehrt war. Seit 1987 gehört die Verbotene Stadt außerdem zum UNESCO Weltkulturerbe. Die gesamte Anlage ist riesig und umfasst insgesamt eine Fläche von 720.000 Quadratmetern mit 890 Palästen und Pavillons. Das die Verbotene Stadt eine sehr beliebte Sehenwürdigkeit bei Touristen ist, wird schnell klar, denn bereits im ersten Innenhof herrscht großer Andrang. Bei unserem Besuch besichtigen wir unter anderem den Haupteingang, das Mittagstor (Wumen), sowie den alten Kaiserpalast (Gu Gong) und einige weitere Pavillons. Da die gesamte Anlage so groß ist, haben wir leider nicht genug Zeit, um alles zu erkunden. Dennoch ist die Verbotene Stadt mit ihren prachtvollen Palästen in Rot und Gold wirklich schön anzuschauen und auf jeden Fall einen Besuch wert, denn es gibt so unglaublich viel zu entdecken.


Schließlich geht es weiter zum Jingshan Park (Jingshan Gonyuan), der sich im Norden an die Verbotene Stadt anschließt. Der auf einem Berg gelegene Park überblick nicht nur Peking und gewährt einem tolle Ausblicke über die Verbotene Stadt, sondern beherrbergt ebenfalls einige kleine, hübsche Pavillons und verzierte Steintafeln. Hier tummeln sich neben Chinesen auch viele Straßenkünstler oder Fotografen, die einen in tradioneller chinesischer Kleidung ablichten können. Ich bin bereits jetzt begeistert von der chinesischen Architektur und Kultur, doch das war erst der Anfang, denn in den nächsten Tagen kommen noch viele spektakuläre Attraktionen auf uns zu.

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18. Februar 2014

11 Fragen und Antworten zum Reisen

Es wird Zeit mal wieder ein bisschen übers Reisen zu plaudern. Ariane hat mir nämlich ein Stöckchen zugeworfen und es geht darum 11 Fragen zum Thema Reisen zu beantworten. Ich habe mir also ein paar Gedanken zu den Fragen gemacht und mir dann selbst 11 weitere Fragen überlegt, die ich gerne ein paar anderen Bloggern stellen möchte.


1. Was war das Beste, was du bisher auf einer Reise gegessen hast?
Das kommt ganz darauf an, ehrlich gesagt finde ich es hängt oft auch von der Situation ab. Es muss daher gar nicht unbedingt etwas besonders Ausgefallenes sein. Zum einen habe ich in Neuseeland einmal richtig frische Fish 'n' Chips gegessen, einfach total lecker! In Island habe ich andererseits einen Hotdog gegessen, der unter normalen Umständen vermutlich gar nichts Besonderes gewesen wäre, aber um 1 Uhr morgens nach einem super Konzert vom Iceland Airwaves Festival schmeckte dieser Hotdog einfach unglaublich gut.

2. Die beste Reiselektüre? Und der beste Soundtrack?
Generell nehme ich nur einen Reiseführer mit auf Reisen und das ist bei mir generell ein Lonely Planet. Im Urlaub habe ich normalerweise ohnehin keine Zeit zum Lesen, da ich selten nur zum Entspannen wegfahre. Meist trifft man mich draußen in der Natur an :) Der Soundtrack hängt meiner Meinung nach immer vom Zielland ab. Je nachdem wo es hingeht, stelle ich mir vorher eine Playlist zusammen, aber natürlich gibt es meist bestimmte Lieder, die einen an den Urlaub erinnern. Während meines Urlaubs in Schottland zum Beispiel mussten wir leider die ganze Zeit Radio hören und wurden unter anderem mit Aviciis "Wake me up" in den Wahnsinn getrieben (Ähm... nicht der beste Soundtrack!).

3. Hast du Lust, eine besonders lustige oder absurde Reiseanekdote zu teilen?
Als wir damals in Island unterwegs waren, hatten wir kein Navi dabei, sondern haben uns nur auf unsere Karte verlassen. Wir waren in der Einöde des Nordens unterwegs und wollten am späten Nachmittag zu unserer Unterkunft fahren. Da wir irgendwann keine Ahnung mehr hatten, wo genau es lang geht, hielten wir in einem kleinen Ort an einer Raststätte an, um nach dem Weg zu fragen. Drinnen angekommen, fragten wir einen älteren, bärtigen Mann nach dem Weg zu unserer Unterkunft. Völlig unbeeindruckt, emotionslos und wortkarg erklärte er uns, dass sich der gesuchte Ort 50km von hier befinde - in der Richtung, aus der wir gerade gekommen waren. Es war so ärgerlich, dass wir selbst schon lachen mussten, doch der Isländer hatte irgendwie kein Mitleid mit uns ;)


4. Hast du deine Reiseziele für dieses Jahr schon geplant?
Nein ;)

5. Entdeckst du am liebsten immer wieder Neues, oder gibt es Orte, zu denen du immer wieder hinmöchtest?
Generell liebe ich es immer wieder Neues zu entdecken und die ganze Welt zu bereisen, doch Neuseeland und Island sind auf jeden Fall beides Länder, die mich immer wieder zu sich rufen.

6. Hat dich eine bestimmte Reise, ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Stadt besonders geprägt?
Dadurch dass ich schon in Neuseeland und Island gelebt habe, haben mich natürlich auch gerade diese beiden Länder geprägt. Ich habe dort einfach ganz andere Erfahrungen sammeln können, als wenn ich nur für zwei Wochen dort gewesen wäre.

7. Wie bereitest du dich auf eine Reise vor? Informierst du dich gut oder fliegst du einfach los?
Ich informiere mich generell gut über das Land und die Orte, die ich bereisen möchte, da ich nie etwas Tolles verpassen möchte. Auf der anderen Seite lasse ich mich dann Vorort trotzdem gerne noch überraschen - vor allem von der Kultur und den Menschen.


8. Hast du Tipps dafür, auch beim Reisen nachhaltig zu leben?
Immer nur das buchen und kaufen, was man auch wirklich braucht. Ich würde mir zum Beispiel nie ein riesiges Frühstück bestellen, wenn ich weiß, dass ich zum Beispiel nur Cornflakes brauche.

9. Wohin würdest du mich schicken, und warum?
Nach Neuseeland! Denn da sollte jeder mal gewesen sein :)

10. Was ist deine liebste Sehenswürdigkeit in deiner Heimatstadt oder -region?
Oh je das ist schwierig, ehrlich gesagt reizt es mich ja immer gar nicht meine eigene Heimatstadt oder -region zu bereisen. Ich glaube aber trotzdem, dass der Drachenfels ganz schön ist, da wollte ich auch schon seit Ewigkeiten nochmal hin...

11. Die größte Reise ist die zu sich selbst. Was hast du im Ausland und unterwegs über dich selbst herausgefunden, wie hast du dich verändert?

Dass ich sehr viel mehr kann, als ich mir zugetraut habe: Selbstständig sein, auf Fremde Menschen zugehen und das Gefühl stark zu sein und jedes Problem alleine lösen zu können.


Meine 11 Fragen an andere Blogger:
1. Wenn du dir ein Land aussuchen könntest in dem du für längere Zeit leben könntest, welches wäre es?
2. Gibt es einen Gegenstand, der dich an ein ganz bestimmtes Reiseerlebnis erinnert?
3. Wo möchtest du unbedingt mal hin und welches Reiseziel reizt dich überhaupt nicht?
4. Was ist das Schlimmste, dass dir während einer Reise passiert ist?
5. Welche Art des Reisens magst du am liebsten: Spontan oder organisiert, aktiv oder entspannt?
6. Ist dir schonmal etwas total Peinliches passiert, weil du dich zu schlecht mit der Kultur des Landes auskanntest?
7. Wie würdest du dich in einem Land durchschlagen, dessen Sprache du nicht sprichst?
8. Magst du lieber Städtereisen oder Natururlaub?
9. Traust du dich in fremden Ländern Essen zu probieren, obwohl du nicht genau weißt, was es ist?
10. Welcher ist dein absoluter Lieblingsort?
11. Wie stillst du dein Fernweh, wenn du gerade mal nicht in Urlaub fahren kannst?

Und ich werfe das Stöckchen weiter an:
- Nadja und Eva von Oh the happy sinner
- Manuela von Seiltanz
- Inka von blickgewinkelt
- Anja von Annie Waits
- Marie von Wholehearted
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13. Februar 2014

Eine Stunde mit einem Fremden

Es ist Samstag, der 1. Februar, etwa 15:47 im Hauptbahnhof Köln. Donnernd fährt der Zug auf dem Gleis über mir ein. Ich sitze auf einer Bank, esse die letzten Bissen meines verspäteten Mittagessens und beobachte die vorbeihastenden Menschen. Einfach irgendwo sitzen und zuschauen, was in der Umgebung passiert, fand ich schon immer spannend. Vor allem am Hauptbahnhof treffen die verrücktesten Menschen aufeinander: Ein Mann im Frauenkostüm, ein in schwarz gekleideter Typ, der eine Klopapierrolle an seinem Gürtel befestigt hat oder ein aufgetakeltes Mädchen, das sich am Handy lautstark über ihre Praktikantenstelle auslässt. Aber in Köln überrascht mich eigentlich gar nichts mehr.

"Entschuldigung, ist hier noch frei?", fragt ein alter Mann mit Gehstock und deutet auf den freien Platz neben mir.
"Ja, aber sicher.", antworte ich. Er setzt er sich umständlich hin, stützt die Hände auf seinen Gehstock und schaut den vorbeigehenden Menschen nach. Eine Weile sitzen wir schweigend da bis sein Handy anfängt zu klingeln. Schwerfällig kramt er es aus seiner Jackentasche.
"Hallo? Ja, ich will halt auch mal raus, ich bin unterwegs. Ich bin in einer Stunde wieder Zuhause. Ja, bis später." Ich muss ein wenig schmunzeln.


"Die Kinder. Machen sich immer direkt Sorgen nur weil mein Auto mal nicht vor meiner Wohnung steht.", sagt der alte Mann und lacht ein wenig.
"Naja, immerhin zeigt das, dass sie sich für Sie interessieren. Wäre ja auch traurig, wenn sie sich gar nicht um sie kümmern würden.", sage ich vorsichtig.
"Das stimmt auch wieder. Aber mein Sohn kann ja auch nicht ständig zu mir kommen. Er und seine Frau müssen auch viel arbeiten und sich um die kleinen Kinder kümmern. Es ist nicht schön die ganze Zeit alleine zu sein. Ich versuche zwar irgendwie den Tag rumzukriegen, aber man kann ja auch nicht die ganze Zeit lesen, fernsehen oder spazieren gehen. Manchmal wenn mir mal wieder die Decke auf den Kopf zu fallen droht, steige ich einfach ins Auto, fahre hierher und setze mich eine Stunde lang in den Hauptbahnhof. Hier bekommt man viel zu sehen. Manchmal gehe ich auch ein Bier trinken, aber dann wird es schwierig mit dem Autofahren.", er lacht erneut.
"Das kann ich mir vorstellen. Solange Sie noch fit genug sind, sollten Sie das auf jeden Fall auch noch tun."
"Ja, zur Zeit geht es mir zum Glück noch gut. Aber man weiß nie, wie lange man noch alleine zurecht kommt."
 
"Ja, meine Opa hat immer gesagt, dass es nicht schön ist alt zu sein."
"Oh ja. Früher habe ich wirklich immer gedacht, es wäre schön alt zu sein. Das dachte ich wirklich. Aber dann weiß man gar nicht, was man mit der ganzen Zeit anfangen soll. Man ist ja auch nicht mehr so fit wie früher. Und dann kommt das Alleinsein noch dazu. Meine Frau ist vor sechs Jahren gestorben und seitdem wohne ich alleine. Schon der Umzug in eine andere Wohnung war damals wirklich schwer für mich. Meine Frau war meine ganz große Liebe. Damit muss man erstmal klarkommen, plötzlich ohne den anderen zu leben."
"Oh das tut mir leid. Waren sie lange verheiratet?"
"Über 50 Jahre. Für mich war es bereits meine dritte Ehe und für meine Frau die zweite. Aber als ich meine Frau kennengelernt habe, stand ich in Flammen – und sie auch! Es war die ganz große Liebe, das haben wir beide gespürt. Wir haben uns einfach in allem perfekt ergänzt. Ich bereue es nicht vorher schonmal verheiratet gewesen zu sein. Da lief es einfach nicht so gut, aber solche Erfahrungen muss man auch machen im Leben. Erst dann weiß man sein Glück wirklich zu schätzen. Die meisten sprechen so schnell davon verliebt zu sein oder jemanden zu lieben. Meistens ist das keine wahre Liebe! Wenn sich beide wirklich lieben und alles zusammen durchstehen, ist es etwas Besonderes. Meine Frau war die einzige, die mein Herz wirklich berührt hat."

Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, weil ich wirklich gerührt bin. Ich kann mir vermutlich nicht mal vorstellen, wie es sich anfühlen muss, die Person zu verlieren, die man am meisten liebt und mit der man den Großteil seines Lebens verbracht hat. Aber ich muss auch gar nicht viel sagen, der alte Mann scheint einfach erleichtert zu sein, dass ihm jemand zuhört.

"Als meine Frau tot war, habe ich die ersten paar Jahre einfach versucht alleine weiterzumachen. Ich habe gar nicht bemerkt, wie alleine ich eigentlich bin. Der Mensch ist nicht dafür gemacht alleine zu sein. Aber sich jemand anderen suchen? Unsere Haushälterin arbeitet schon seit Jahrzehnten für uns. Früher hat sie nur bei uns geputzt, mittlerweile hilft sie mir auch bei der Wäsche und weiß, in welche Schublade meine Socken kommen. Das wusste sonst nur meine Frau! Das war ein schreckliches Gefühl, dass jemand meine Frau ersetzen könnte. Können Sie sich vorstellen, wie sich das angefühlt hat?"
"Ich kann mir sehr gut vorstellen, was Sie meinen. Aber Ihre Frau hätte sicherlich nicht gewollt, dass Sie für immer alleine sind, sondern dass Sie wieder glücklich werden können."
"Ja, ich weiß ganz genau, dass das sogar das Erste gewesen wäre, was meine Frau mir nach ihrem Tod geraten hätte. Aber die Vorstellung ist eben nicht leicht, wenn man so lange mit jemandem verheiratet war, will man nicht einfach jemand anderen."
"Haben Sie und ihre Frau sich denn die ganze Zeit so gut verstanden, wie am Anfang?"
"Oh nein, wir hatten auch mal Streit. Aber es ist einfach wichtig, solche Dinge miteinander zu klären. Wenn man mit einem anderen Menschen zusammenbleiben möchte, muss man über alles reden, damit der andere Bescheid weiß. Es gab auch mal eine Zeit, da waren wir beide etwas unsicher. Aber man muss auch mal einen Schritt auf den anderen zumachen und als wir darüber gesprochen haben, stellten wir schließlich fest, dass wir beide letztendlich das Gleiche wollten. Also fuhr meine Frau einfach mal zwei Wochen ohne mich in Skiurlaub und ich hatte Zeit für mich Zuhause. Wir wussten beide genau Bescheid, was das bedeutete, aber es ist wichtig einander auch mal die Freiheiten zu geben, die man braucht. Man kann nicht über 50 Jahre mit derselben Person zusammen sein und erwarten, dass man sich niemals eingeengt fühlt, falls man sich nicht den nötigen Freiraum einräumt. Also fuhr meine Frau einfach alleine in Urlaub wenn ihr manchmal danach war. Und wir hatten eine wirklich glückliche Ehe, sie war die Liebe meines Lebens. Ich hätte mit niemand anderem zusammen sein wollen."

Aus einem Gespräch, das zunächst noch vorsichtig verläuft und bei dem wir uns nur hin und wieder einen Blick zuwerfen, wird eine interessante Unterhaltung mit einem Fremden. Der alte Mann erzählt mir von seinem Alltag, vom Alleinsein und von seiner Angst alt zu werden und nicht mehr für sich selbst sorgen zu können. Er spricht von der modernen Technik, vom Krieg, seinen Ehen und von der Liebe. Und er verrät mir einige Anekdoten aus seinem Leben: Beispielsweise, wie seine Kinder eine Katze für ihn gekauft haben, damit er nicht so alleine ist.
"Sobald mein Sohn die Katze aus dem Transportkorb gelassen hat, ist sie sofort durch die Katzenklappe nach draußen gelaufen und verschwunden. Ich habe sie nie wieder gesehen. Offensichtlich mochte sie mich nicht besonders. Jetzt will ich keine Katze mehr." Ich kann nicht anders, als mit ihm zu lachen.

Auch ich erzähle ihm ein bisschen von meinem Leben. Ich finde es immer faszinierend, welche Ratschläge einem ältere Menschen geben können, immerhin haben sie so viel mehr Lebenserfahrung. Und der alte Mann ist nicht nur ausgesprochen klug und weise, sondern hat auch noch Humor. Ich bin selbst überrascht, dass ich gerade ein so persönliches Gespräch mit einem völlig Fremden führe, aber vielleicht funktioniert es gerade so gut, weil wir uns nicht kennen.

"So ich werde mich langsam mal wieder auf den Weg machen.", sagt der alte Mann schließlich. Ich blicke auf die Uhr und kann gar nicht fassen, dass ich eine Stunde lang mit diesem Mann gesprochen habe. So langsam muss ich auch los und verabschiede mich.
"Es war schön Sie kennenzulernen. Ich wüsche Ihnen auf jeden Fall alles Gute und das alles so funktioniert, wie Sie es sich wünschen.", sagt der alte Mann noch, als ich mich zum Gehen wende.

Ich gebe zu, die heutige Geschichte ist mal etwas ganz anderes als sonst. Habt ihr schonmal etwas Verrücktes gemacht, was ihr normalerweise nie tun würdet? Diese Begegnung hat mir jedenfalls bewiesen, dass man viel öfter Dinge tun sollte, auf die man sich normalerweise gar nicht einlassen würde. Ich bin froh, dass ich etwas an der Erfahrung des alten Mannes teilhaben konnte und dass ich seinen Tag etwas schöner gemacht habe, weil ich ihm einfach nur zugehört habe. Falls ihr Großeltern habt, ruft doch mal wieder bei ihnen an, sie freuen sich sicherlich darüber mal wieder von euch zu hören. Irgendwann sind wir schließlich alle mal alt und dann werden auch wir uns darüber freuen, wenn man noch an uns denkt :)
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7. Februar 2014

Unterwegs in Peking: Der Platz des Himmlischen Friedens und der Kulturschock geht weiter

Unser erster Morgen in Peking bricht an. Noch im Halbschlaf nehme ich den modrigen Geruch unseres Hotelzimmers wahr und höre das leise Plätschern der defekten Toilette aus unserem Badezimmer. Ich trete ans Fenster und werfe einen Blick hinaus auf die schäbige Gasse. Es wird gerade erst hell und eine alte Frau auf einem klapprigen Fahrrad, auf dessen Gepäckträger sich ein riesiger Berg mit Sachen türmt, fährt langsam zwischen den Häusern hindurch und wirbelt dadurch den Dreck auf. „Ääääääääähhhhh!!!! Ääääääähhhh!!!“, ruft sie klagend während sie sich immer weiter aus meinem Blickfeld entfernt. Jeden Morgen wird die alte Frau in Zukunft noch durch die Gasse fahren und diese merkwürdigen Laute ausstoßen. Ich weiß bis heute nicht, was sie zu bedeuten haben.

Unsere Lehrer haben für die zwei Wochen ein Restaurant gebucht, wo wir täglich zwei bis drei Mahlzeiten erhalten. Nur einige Gehminuten entfernt, empfängt uns das typisch chinesische Restaurant mit roten Lampions, kitschiger Deko, glitzernden Lamettagirlanden und dem Geruch asiatischer Speisen. Ich habe fast das Gefühl die Kellner sind aufgeregter als wir, denn wir werden nicht nur von neugierigen Blicken empfangen, sondern auch das Frühstücksbuffet wird hektisch für uns aufgefüllt. Das Frühstück stellt sich jedoch als äußerst gewöhnungsbedürftig heraus: Es gibt grünen Tee und jede Menge herzhafter, fettiger Speisen wie zum Beispiel Teigtaschen. Seltsame Brötchen, die wie Weckchen (Milchbrötchen) aussehen, aber weder süß noch salzig schmecken, sind das einzige, was annährend vertraut erscheint.


Nach dem Frühstück beginnt das Abenteuer und wir machen uns auf den Weg zu unserem ersten Ausflugsziel, dem nicht weit entfernten Platz des Himmlischen Friedens (Tian’anmen-Platz). Bereits auf dem Weg dorthin folgen uns wieder hunderte Augenpaare sowie das Geräusch von Menschen, die lautstark auf die Straße rotzen. Das Ganze erreicht seinen Höhepunkt, als wir den Platz des Himmlischen Friedens erreichen. Bereits nach kurzer Zeit wird unsere Reisegruppe unverhohlen neugierig von unzähligen Chinesen  angestarrt. Alle lächeln und einige trauen sich trotz offensichtlicher Sprachbarriere näher heran und deuten aufgeregt und schüchtern an, dass sie sich mit uns fotografieren lassen möchten. Besonders die Blonden in unserer Gruppe sind ein beliebtes Ziel und müssen sich ständig mit irgendwelchen fremden Chinesen zusammen fotografieren lassen. Man reagiert auf uns tatsächlich so, als würde George Clooney höchstpersönlich vorbeilaufen.

Und als wir uns schließlich wieder in Bewegung setzen, um den Platz und die umliegenden Gebäude zu erkunden, kommen die Straßenhändler. Wie aus dem Nichts sind sie plötzlich da: Menschen mit kleinen aufgeklappten Koffern, in denen sie Kalligrafiesets, Postkarten und mehr anbieten.
„70 Yuan!“, ruft ein Mann und läuft neben uns her. Als wir ihn anschauen, wird er noch aufgeregter: „Okay, for you 50 Yuan!“. Wir gehen weiter, denn es wird noch genügend Gelegenheit geben einzukaufen, doch unser Desinteresse scheint den Mann nur noch mehr in Fahrt zu bringen: „30 Yuan!“. Er läuft sicherlich noch ein gutes Stück neben uns her bis er versteht, dass wir nichts kaufen werden. Straßenverkäufer trifft man hier eigentlich überall und sobald sie einen Touristen erspäht haben, lassen sie so schnell nicht locker. Falls ihr doch vorhabt etwas zu kaufen, gebt euch desinteressiert dann gehen sie ordentlich im Preis runter ;)


Der nächste Schock folgt sogleich und bis heute ernte ich ungläubige Blicke, wenn ich Freunden davon erzähle, weil mir niemand glauben will. Denn uns fällt auf, dass viele kleine Kinder Löcher in ihren Hosen haben. Zunächst haben wir Mitleid, weil wir denken, die Eltern könnten es sich nicht leisten neue Kleidung zu kaufen. Irgendwann wird uns bewusst, dass alle Kinder diesen Schlitz hinten in ihren Hosen zu haben scheinen. Bald zeigt sich auch warum: Als wäre es das Normalste der Welt, hockt ein Kleinkind sich mitten auf den Platz und verrichtet dort sein Geschäft. Und zwar nicht nur Pipi. Wir sind natürlich ziemlich schockiert. Die Chinesen scheinen ziemlich pragmatisch zu sein…
Da wir es bevorzugen auf eine richtige Toilette zu gehen, steht auch schon der nächste Kulturschock an. Denn zwar gibt es gelegentlich auch Toiletten, wie wir sie von Zuhause kennen (so auch in unserem Hotel), allerdings ist das eher die Ausnahme. Generell kann ich nur sagen, dass China mich was Toiletten betrifft echt abgehärtet hat. Normalerweise gibt es hier nur Toiletten, die einer Toilettenschüssel direkt im Boden gleichen und über die man sich hinhocken muss. Tatsächlich kann man sich noch glücklich schätzen wenn es Toilettenkabinen gibt, manchmal werden die Toiletten nur von einer hüfthohen Mauer abgetrennt – oder manchmal auch gar nicht. Richtige Plumpsklos gibt es natürlich auch.


An diesem Tag besuchen wir nur den Tian’anmen-Platz und das Zhengyangmen-Tor. Trotzdem bietet der Platz einen guten Einstieg in die chinesische Kultur. Rings um den Platz tobt nämlich der größte Verkehr. Zu guter Letzt besuchen wir noch das Tor des Himmlischen Friedens, welches sich an der Nordseite des Platzes befindet. Dahinter befindet sich unter anderem die Verbotene Stadt. Mao Zedongs Anlitz hängt noch immer am Tor und blickt auf einen herab.

An Straßenständen wird natürlich zum Teil auch ekliges Essen wie Heuschrecken oder frittierte Skorpione angeboten. Unsere Lehrer empfehlen uns jedoch nichts an solchen Straßenständen zu kaufen, da europäische Mägen meistens nicht allzu gut mit dem Essen klarkommen. Für uns gibt es daher das Abendessen in unserem Stammrestaurant. In kleinen Gruppen sitzen wir um die runden Tische herum, in der Tischmitte befindet sich eine große Drehscheibe auf der die unterschiedlichsten Speisen angerichtet sind. Durch Drehen kommt jeder an das Gericht, wovon er sich gerne etwas nehmen möchte. Das Essen ist nicht vergleichbar mit dem, was man in Deutschland beim Chinesen bekommt. Hier gibt es Fleisch und Gemüse, das mit exotisches Gewürzen verfeinert wurde, Undefinierbares, das aussieht wie braune, glibberige Gummischlangen und seltsame Kombinationen wie rohe Tomatenstücke, die mit Zucker bestreut wurden. Und natürlich wird alles nur mit Stäbchen gegessen! Ich kann nur so viel verraten: Als es einmal ausnahmsweise Pommes Frites und paniertes Hähnchenfleisch gab, sind wir alle darüber hergefallen, als wären wir total ausgehungert ;)

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2. Februar 2014

De Panne: Entspannte Tage am Meer

Im Oktober verbrachte ich ein entspanntes Wochenende in Belgien. Wie immer wohnten wir in De Panne und unternahmen nur einen Tagesausflug nach De Haan und Brügge. Die meiste Zeit verbrachte ich daher damit ein wenig durch den Ort zu spazieren. Für mich gehört es außerdem dazu eine echte belgische Waffel zu essen. Diese bekommt man dort eigentlich in fast allen Cafés oder Imbissbuden. Ich persönlich mag die sogenannten Luikse Wafels bzw. Gaufres Liegeoises am liebsten, denn diese sind schön dick und von außen lecker karamellisiert. Am Abend wurden die Lampen am Leopold Platz (8. Foto) eingeschaltet und tauchten alles in ein gemütliches Licht. Auch wenn es in De Panne meist sehr windig und daher eher kühl ist, tut es immer gut spazieren zu gehen und die frische, klare Luft einzuatmen.


Am letzten Tag stand unter anderem ein Spaziergang am Strand an. An diesem Oktobertag war es ungewöhnlich windig und kalt, dennoch schien die bereits tiefstehende Sonne und tauchte alles in ein warmes Licht. Innerhalb kürzester Zeit war ich total durchgefroren und meine Hände waren taub vor Kälte. Der Wind hatte jedoch ein weiteres faszinierendes und wunderschönes Phänomen zur Folge: Der feine, helle Sand wurde vom Wind aufgewirbelt und wehte in sanften Wogen über den Boden. Es war ein unglaublicher Anblick, wie der Sand unter meinen Füßen lebendig zu werden schien und sich kräuselte, wie die Oberfläche eines Flusses. Dieses Bild lässt sich weder richtig in Worte fassen noch auf einem Foto einfangen, dennoch werde ich dieses Schauspiel sicherlich noch lange in Erinnerung behalten.

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