4. Dezember 2012

Die Wahrheit über Isländer (Teil 1)

Sie leben einsam in einem Land voller Eis und Vulkane, sie glauben an Geister und Elfen, sie sind Künstler, essen Wale und fermentierten Hai, sie sind Wikinger! Dieses Bild zumindest wird einem außerhalb Islands von dessen Einwohnern vermittelt. Bloß (traurig, aber wahr) entspricht dieses Bild eher nicht der Wahrheit. Zwar mag jedes Vorurteil auch einen wahren Kern haben, dennoch erwartet man nach solch einer Beschreibung, dass die Isländer ein vollkommen mystisches Volk wären. Zugegebenermaßen kann ich hauptsächlich nur über die Menschen in Reykjavík sprechen. Aber nun also zur Wahrheit über die Isländer!


Während meiner ersten Tage in Reykjavík fiel mir zugleich auf, wie gelassen, entspannt und freundlich die meisten Isländer sind. Als ich in einem Buchladen etwas nachfragen wollte, räumte der Typ erstmal seine alte Limodose von der Theke. Im Burgerladen danach wurden wir zunächst bedient, doch da wir gerade die einzigen Gäste waren, machten es sich die Angestellten erstmal selbst in einer Sitzecke bequem. Draußen auf der Straße sieht man außerdem immer mal wieder Leute, die Musik spielen und singen sich so die Zeit vertreiben.

Die Mentalität der Isländer lässt sich natürlich nicht verallgemeinern, allerdings ist mir aufgefallen, dass es  häufig auch den  wortkargen, verschlossenen Typ Isländer gibt. Man spricht jemanden an und bekommt eine eher mürrische, knappe Antwort - wenn überhaupt. Einmal kam ich in ein Café und fragte einen Mann, ob der Stuhl noch frei sei; er nickte bloß. An der Uni mussten wir außerdem mal in einer Gruppenarbeit etwas vorbereiten. Da die Gruppen wild zusammen gewürfelt waren und wir uns alle nicht kannten, schwiegen sich alle an. Ich versuchte also etwas Smalltalk zu betreiben - aber bekam auf jede Frage als Antwort jeweils nur ein "Ja" oder "Nein". Und das Beste: Während wir in Island unterwegs waren, hatten wir uns verfahren und fragten in einem Geschäft in einem abgelegenen Ort nach dem richtigen Weg. Der Mann erklärte uns daraufhin völlig ruhig und ohne jegliche Gefühlsregung, dass wir bereits 50km zu weit gefahren wären und den ganzen Weg wieder zurück müssten. Es war wirklich zum Lachen, wie wir uns ärgerten, dass wir eine halbe Stunde zu weit gefahren waren und der Mann nicht die geringste Reaktion zeigte.


Wohl eine meiner Lieblingseigenschaften der Isländer ist ihre Unorganisiertheit. Sie vergessen z.B. einfach sich rechtzeitig ein Festival-Ticket zu kaufen bis es ausverkauft ist, kommen ständig zu spät - egal ob zur Vorlesung an der Uni, zum Kinofilm oder Konzert (der Großteil der Leute kommt ohne Witz ca. 5 Minuten vor Beginn oder nachdem es schon angefangen hat) oder beim Einkaufen (der Supermarkt ist ca. 15-30 Minuten vor Geschäftsschluss am vollsten) - und sie können echt total verplant sein, sodass man Dingen oft hinterher rennen muss.


Reykjavík
Sunrise: 10:55, Sunset: 15:41, Length of day:
4h 46m 00s
Berlin
Sunrise: 07:59, Sunset: 15:54, Length of day: 7h 55m 05s

2 Kommentare:

  1. Tolle Bilder! :) Aber ich glaube, ich würde mir unglaublich komisch vorkommen, wenn die Antworten so knapp sind... :o

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  2. Schön zu lesen :) Und interessant, dass Isländer so verplant sein können.
    Liebe Grüße
    Tatjana

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